Thomas Bußjäger:
Auszüge aus seiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung "Zwischenwelten" am 13. März 2004 im Alten Stadtsaal in Speyer
Der Mensch
Die Auseinandersetzung mit dem Menschen war und ist für Wolfgang Beck ein stetes Anliegen in seiner Kunst. Extrembereiche und Gegensätzlichkeiten, Ursachen und Wirkungen zwischenmenschlicher Konstellationen bilden ebenso wie das sanfte Schwingen existentieller Kräfteverhältnisse bis hin zu spirituellen Verankerungen das Arbeitsfeld dieses Künstlers. Auf der Inhaltsebene ist dies gewissermaßen der rote Faden seiner künstlerischen Betätigung, die formal allerdings- stetig in Aufbruchstimmung - offen bleibt für Neudefinitionen.
Simultanbilder
Ein sich weitender Blick erfasst die Dinge in einer breiter angelegten Sphäre - einer Ausschnittsvergrößerung. Die Teile fügen sich zu einem Ganzen, offenbaren sich in ihrer Vollkommenheit, ihren Verflechtungen, Wechselbeziehungen und ihrer Divergenz als in sich geschlossene Handlungen. Das ist uns vertraut, doch Beck geht in seinen neuen Arbeiten einen wesentlichen Schritt weiter. Seine gewonnene Distanz beschränkt sich nunmehr nicht auf die bloße Darstellung einer einzelnen Situation, sondern er nimmt sozusagen Mehrfachbelichtungen vor.
Seine Bildmotivik zeigt sich uns in Form simultan überlagerter Handlungssphären, die in ihrer Gestaltspezifik zwischen Konkretion und Abstraktion zu oszillieren scheinen
Die Bildebenen pendeln zwischen verschiedenen, in die Tiefe gestaffelten Aktions- und Raumzonen, was er durch Mehrfachübermalungen erreicht, durchdringen sich demnach gegenseitig und entziehen sich so einer auf den ersten Blick eindeutigen Lesbarkeit.
Ebenso wird durch das Wechselspiel und vor allem die Abnahme der Schärfe im Motiv das zeitliche Kontinuum deutlich, dem alles Irdische unterworfen ist.
Es handelt sich dabei um eine Spurensuche, die Vergangenes offenlegt, es behutsam vom Schleier der Zeit befreit, um Strukturen menschlicher Existenz aufzuarbeiten.
Zeit und Raum
Erinnerungen wachzurufen, sie neu zu aktivieren und in all ihrer Komplexität verfügbar zu machen, ist ein Akt von Dauer. Nur langsam treten die Dinge ans Licht, gewinnen Kontur - und Beck hält sie für uns fest, zeigt sie in ihrer Vielschichtigkeit und konfrontiert uns dabei mit Überlagerungen zeitlicher Dimensionen.
Seine Bilder lassen sich demnach als Synthesen verstehen, in denen die Grenzen von Zeit und Raum aufgelöst erscheinen. Es entstehen so jene komprimierten Zwischenwelten, die den Großteil der präsentierten Arbeiten auszeichnen.
Licht
Die irdische Greifbarkeit seiner Menschendarstellungen konkurriert mit lichtdurchfluteten Sphären, Zeitschleiern gleich, die in ihrer Ungegenständlichkeit die Szenarien ins mystisch Schwerelose abdriften lassen.
Wolfgang Becks Menschenbilder schwingen nach wie vor zwischen den Polen, jedoch wirken seine neuen Arbeiten in ihrer Konzeption und Aussage gefestigter.
Dieses Schwingen zwischen den Polen verleiht dem Menschenbild in Wolfgang Becks Arbeiten jene faszinierende Schwerelosigkeit, die als besonderes Merkmal in seinem künstlerischen Schaffen hervorzuheben ist.
Inhalt
Becks Malereien vermitteln die Suche nach Schlüsselmomenten des Geschlechterkampfes, zeigen Schicksalsfetzen voller unauflösbarer Vieldeutigkeit.
Das Tragische und Absurde menschlichen Wollens wird zum Ausdruck gebracht und erscheint in Form geisterhafter Schattenwelten, in denen allerdings das Licht der Seele nicht erloschen wirkt.
Sind die Beziehungen zwar gekappt, die Bande zerrissen, so funktionieren sie über Verbindungen aus anderen Sphären. Es geht immer wieder um Liebe, Verletzung, Obsession, Abweisung, Erwartung, Trennung, Suche - aber auch um Fürsorge und vertrauensvolle Hinwendung.
Eine Anthropologie, in der moralische und existentielle Möglichkeiten durchgespielt werden, eingebunden in die Kontinuität des Scheiterns, ebenso wie in Sphären der Hoffnung.